GRASSWORKS Research Project

Von wegen „einfach ein bisschen buddeln“ – Die Entnahme von Bodenproben einer renaturierten Grünlandfläche
1. Logbucheintrag der Reihe „Wie funktioniert eigentlich wissenschaftliche Feldarbeit?“

Mit dem Frühjahr beginnt für uns in Grassworks auch wieder die Feldarbeit-Saison. Konkret heißt das, dass die Analysen von Boden, Vegetation, Tagfaltern und Wildbienen auf unseren Grünland-Untersuchungsflächen bevorstehen. Bei diesen Flächen handelt es sich pro Modellregion um 40 bereits renaturierte Flächen, sowie 10 Positiv- und 10 Negativ-Referenzflächen, die wir zuvor erst einmal ausfindig machen mussten. Die entsprechenden Wiesen und Weiden mussten dabei bestimmten, von uns definierten Kriterien entsprechen und für alle Flächen mussten vor der Feldarbeit entsprechende Genehmigungen, etwa zur Begehung und Probenentnahme, beantragt werden. Die Positiv-Referenzflächen sind dabei altes, artenreiches Grünland, während die Negativ-Referenzen degradiertes Grünland darstellen. Die aus der Feldarbeit gewonnen Erkenntnisse sollen einer rückblickenden ökologischen, sowie sozio-ökologischen und sozio-ökonomischen Untersuchung der renaturierten Grünlandflächen dienen und damit dazu beitragen, Faktoren zu identifizieren, die zu einer erfolgreichen Wiederherstellung von artenreichem und damit auch multifunktionalem Grünland in Deutschland führen. Aber was steckt eigentlich hinter diesen wissenschaftlichen Analysen? Was wird da auf diesen Wiesen und Weiden gemacht? Und wie können daraus solche Erkenntnisse gezogen werden?

Diese Beitragsreihe soll sich ebendiesen Fragen widmen und am Beispiel einer Fläche einen Einblick in unsere Arbeit geben. Wir beginnen hierfür mit unserem ersten Feldarbeits-Logbucheintrag im März, denn da hat für und die Arbeit im Feld mit der Beprobung des Bodens begonnen.

Logbucheintrag: Bodenprobennahme einer Untersuchungsfläche

28. März 2023

Bei dem heute beprobten Grünland mit dem Flächencode N_DWQ handelt es sich um eine renaturierte Fläche in Schleswig-Holstein, die ehemals Acker war. Im Jahr 2018 wurde hier regionales Saat- und Druschgut einer Spenderfläche eingesät, sodass sich mittlerweile bereits viele für ein Grünland typische Pflanzenarten auf der Fläche etablieren konnten. Heute wird das Grünland bis April mit Kühen beweidet, während es im Sommer nicht beweidet wird, damit sich Flora und Fauna in dieser Zeit ungestört entwickeln können. Gleichzeitig wird die Fläche durch Mahd und dem anschließenden Dreschen des Mähguts zur Saatgutgewinnung genutzt.

Abbildung 1: Foto der hier beschriebenen Grünlandfläche N_DWQ im März zur Bodenprobennahme (Foto: Juno Laschke).

Mit der Bodenprobennahme sollen hier verschiedene Bodenparameter bestimmt werden, die Aufschluss über den Zustand des Bodens geben. So kann etwa die Kohlenstoffspeicherkapazität des Bodens ermittelt werden, die in Zeiten des Klimawandels eine immer wichtigere Funktion darstellt. Um die Probennahme und damit auch ihre späteren Ergebnisse vergleichbar zwischen den Untersuchungsflächen zu machen, müssen die Proben systematisch, immer nach dem gleichen Muster, genommen werden. Dazu haben wir auf jeder Fläche ein 200 m langes Transekt, das wir in vier 50 m lange Sub-Transekte eingeteilt haben (Abb. 3), per GPS ausgemessen und mit Stäben markiert. Auf dieser Fläche wäre ein zusammenhängendes 200 m Transekt zu lang gewesen, weswegen wir es in zwei 100 m Transekte aufgeteilt haben. Innerhalb der 50 m Sub-Transekte haben wir zufällig, also randomisiert, je einen Punkt festgelegt und markiert, der als Vegetationspunkt dient. Dieser Vegetationspunkt markiert nun den Vegetationsplot: ein 4 m2 großer Bereich, der später der Vegetationsaufnahme, aber auch jetzt unserer Probennahme dient. Denn hier beginnt die eigentliche Entnahme von Bodenproben: Pro Vegetationsplot haben wir mit einem Bohrstock (Abb. 2) jeweils an den vier Ecken und zusätzlich zweimal zufällig entlang des Randes Bodenproben genommen, sodass wir pro Vegetationsplot sechs Proben erhalten (Abb.3).

Abbildung 2: Bohrstock bei der Entnahme einer Bodenprobe (links) und nach der Entnahme mit Bodenprobe (rechts) (Fotos: Juno Laschke).

Diese Bodenproben reichten bis in eine Tiefe von 30 cm und wurden in eine Oberbodenschicht aus 0-10 cm und eine Schicht von 10-30 cm unterteilt. Alle Bodenproben eines Plots haben wir entsprechend der Bodentiefen in zwei Eimern als Mischprobe gesammelt und eigetütet. Dieses Vorgehen haben wir dann auch für die drei weiteren Vegetationsplots des Transekts wiederholt, sodass wir am Ende für die Fläche insgesamt jeweils vier Tüten Bodenproben für die obere Bodenschicht und vier Tüten für die untere Bodenschicht hatten (Abb. 3). Das Sammeln der Bodenproben als Mischproben soll, wie auch die mehrfache, über die Fläche verteilte Entnahme der Proben, dazu beitragen, dass die analysierten Bodenproben möglichst gut die durchschnittlichen Bodenwerte der Fläche darstellen, statt zufällige Bodenwerte einer bestimmten Stelle im Boden darzustellen. Aus diesem Grund wurden die vier Bodenproben derselben Bodentiefe anschließend auch jeweils durchmischt und von diesen Mischungen ein Löffel Boden pro Tüte abgenommen und entsprechend der Bodentiefen in einer weiteren Tüte vermischt. Dadurch konnten wir pro Fläche eine Tüte der oberen und eine der unteren Bodenschicht für die Analysen ins Labor schicken (Abb. 3). Den Rest der Proben lagern wir für mögliche spätere Analysen ein. So könnte etwa dadurch, dass wir Bodenproben für die vier Vegetationsplots genommen haben, auch der Gradient der Bodenwerte auf den untersuchten Grünlandflächen dargestellt werden.

Abbildung 3: Überblick über den Aufbau des Transekts und die einzelnen Schritte der Bodenprobennahme (Grafik: Lea Pöllmann).

Was sagen uns diese Bodenproben jetzt?

Aber zurück zu den jetzt auszuwertenden Proben: Die eingeschickten Proben werden im Labor auf verschiedene Parameter analysiert. So werden die Bodentextur, der pH-Wert, der Stickstoff- und auch der Kohlenstoffgehalt (sowohl anorganischer als auch organischer Kohlenstoff) gemessen. So erhalten wir letztendlich pro Fläche je einen Wert pro Parameter und Bodentiefe. Die obere Bodenschicht von 0-10 cm wird zusätzlich auf ihre mikrobielle Biomasse, also die Mikroorganismen im Oberboden, untersucht, sodass Aussagen zur Biomasse von mikrobiellem Kohlenstoff und mikrobiellem Stickstoff getroffen werden können. Das ist relevant, da Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze eine sehr wichtige Rolle im Boden spielen und dadurch seine Funktionalität gewährleisten. So sind sie maßgeblich an der Zersetzung von organischem Material wie Laub oder Totholz beteiligt und einige von ihnen, wie Knöllchenbakterien oder Mykorrhiza-Pilze, leben in Symbiose mit Pflanzen und ermöglichen ihnen so etwa eine bessere Nährstoffversorgung.

Um zudem Aussagen über die Kohlenstoffspeicherkapazität sowie den gesamten Stickstoffgehalt der untersuchten Fläche zu machen, müssen die im Labor bestimmten Parameter mit der Bodendichte verrechnet werden, wofür auch das Volumen des Bodens bestimmt werden muss. Das Ganze lässt sich auch mithilfe von etwas Vorstellungskraft folgendermaßen begreifen: So unterscheidet sich ein kompakter, lehmiger Boden in seiner Dichte (und damit auch seiner Masse bei gleichem Volumen) nachvollziehbarerweise von einem lockeren Boden aus viel organischem Material. Oder anders gesagt: ein schwerer Marsch-Boden hat andere Eigenschaften als die sandigen Böden der Lüneburger Heide. Eben diese Dichte des Bodens untersuchen wir mit Stechzylindern. Die Stechzylinder haben ein genau definiertes Volumen und dienen somit dazu, die Masse und dadurch auch die Dichte des Bodens auf unserer Grünlandfläche zu erfassen. Hierfür haben wir möglichst nahe an zwei der vier Vegetationsplots ein Loch mit einem Ausmaß von 60 cm Länge, 20 cm Breite und 30 cm Tiefe gegraben und für beide unserer Bodentiefen (0-10 cm und 10-30 cm) jeweils einen Stechzylinder seitlich in den Boden geschlagen (Abb. 4). Der darin enthaltene Boden wurde anschließend 48 Stunden bei 105 °C getrocknet, 2 mm fein gesiebt und gewogen. Mithilfe dieser Werte werden die Laborergebnisse auf die Gesamtfläche hochgerechnet und so der gesamte enthaltene Kohlenstoff und Stickstoff des untersuchten Grünlandes berechnet.

Abbildung 4: Entnahme eines genau festgelegten Volumens an Boden mittels Stechzylinder, der seitlich in die Erde geschlagen wird (links) und entnommene Bodenprobe im Stechzylinder (rechts) (Fotos: Juno Laschke).

Was hat die Laboranalyse ergeben? – Ergebnisse der Bodenproben

Die untersuchte Grünlandfläche weist einen lehmigen, leicht sauren Boden auf, der der Bodenartengruppe der Tonlehme zuzuordnen ist (Tabelle 1). Die genauen Ergebnisse der Bodenproben hinsichtlich des anorganischen (TIC) und organischen (TOC) Kohlenstoff-, sowie des Gesamtstickstoff- (Nt) und Gesamtkohlenstoffgehaltes (Ct) der Fläche können der untenstehenden Tabelle in Massenprozent entnommen werden. Mithilfe dieser Werte können wir die Unterschiede des Bodens zwischen den Flächen untersuchen. Damit werden wir beispielsweise bestimmen können, welche Renaturierungsmaßnahme sich potenziell positiv auf die Kohlenstoffspeicherkapazität der Grünlandböden auswirken kann. Diese Erkenntnisse wiederum fließen dann in die Analyse der übergeordneten Frage des Projektes ein, welche Maßnahmen bei der Grünlandrenaturierung zum Erfolg führen.

Tabelle 1: Laborwerte der Bodenproben der hier untersuchten Grünlandfläche N_DWQ. 

BodenprobepHTICCtTOCNtBodenart
  M.-%M.-%M.-%M.-%
N_DWQ_0-104.970.031.351.320.037Lehm Lts
N_DWQ_0-304.890.020.920.900.015Lehm Lts

Das sind allerdings bei Weitem nicht alle Informationen, die in die ökologische Analyse einfließen. Weiter geht es mit der Untersuchung der Wildbienen und Tagfalter sowie der Vegetation auf den Grünlandflächen. Es liegt also noch eine Menge an Arbeit vor uns, von der Sie im Rahmen dieser Beitragsreihe bald mehr lesen können.

Lea Pöllmann
lg079559@stud.leuphana.de |

Ich studiere Umwelt- und Nachhaltigkeitswissenschaften mit einem Fokus auf Ökologie und Naturschutz an der Leuphana Universität Lüneburg. Mein besonderes Interesse gilt den Funktionen und Interaktionen von Ökosystemen, und wie wir diese nachhaltig und zu beiderseitigem Vorteil mit unseren sozialen Systemen verbinden können. In Grassworks arbeite ich hauptsächlich in der Öffentlichkeitsarbeit und schreibe meine Abschlussarbeit im ökologischen Untersuchungsteil.

Alina Twerski

I studied biology (B.Sc. and M.Sc.) with a focus on ecology and biodiversity at the University of Hamburg. During my PhD at the Technical University of Munich, I investigated the relationships and trade-offs between different ecosystem functions of rare arable plants and sown wildflower mixtures. As I mainly work on vegetation science, restoration ecology and ecosystem functions, my post-doc in the Grassworks project consists of organizing and conducting ecological fieldwork in the northern region (WP1). Further, my position is coordinating the ecological data collection of WP1 across all three regions. In addition, I am helping to restore grasslands in the Real-World lab in the northern region.

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